Dyneema Tauwerk - Alles was Du wissen musst
Stand 05.12.2024
Dyneema® ist eine Hochmodul-Faser und gilt als die stärkste Faser der Welt. Sie wird zu modernem Tauwerk verarbeitet und ersetzt als hochfeste Dyneema® -Leine das konventionelle Tauwerk auf Segelbooten.
Wir erklären Dir hier, welche Dyneema®-Seile für welche Anwendung die richtigen sind und wie sie optimal konfektioniert werden.
Wofür verwende ich Dyneema®-Leinen?
Dyneema®-Leinen sind im Wassersport weit verbreitet, sehr beliebt und vielseitig einsetzbar. Es gibt unzählige Einsatzbeispiele für HMPE-Tauwerk.
Hier sind sechs Praxisbeispiele für Dyneema®-Tauwerk:
- Laufendes Gut: Dyneema® als Fallentauwerk, um die Vorliek-Spannung dauerhaft aufrechtzuhalten. Dyneema®-Schoten für unmittelbare Kraftübertragung ins Boot. Verwende Leichtwind-Schoten aus Dyneema® zum Segeln unter Code Zero und Spinnaker.
- Befestigen & Schlaufen: Dyneema®-Schäkel zur Gewichtsersparnis. Dyneema®-Loops zur flexiblen und weichen Befestigung und Aufnahme hoher Lasten.
- Stehendes Gut/ Rigging: Wanten und Stagen aus Dyneema®, um das Topp-Gewicht zu reduzieren und aufrechter zu Segeln.
- Seereling: Verwende eine Dyneema®-Reling, um bei Segelregatten an der richtigen Stelle Gewicht zu sparen.
- Windsurfen: Windsurf-Tampen aus Dyneema® dienen als Vorliek- und Schothornstrecker, um das Strömungsprofil im Segel dauerhaft zu erhalten.
- Kitesurfen: Mithilfen von Flugleinen aus Dyneema® verringerst Du beim Kitesurfen den Windwiderstand und erhöhst somit das direkte Bargefühl beim Steuern.
Was ist Dyneema®?
Die Dyneema®-Faser, umgangssprachlich „Dyneema®“ genannt, ist eine Synthetikfaser auf der Basis von Polyethylen. Der Name Dyneema® ist eine Warenmarke der US-amerikanischen Firma Avient, welche 2022 die Markenrechte von DSM übernahm. Die Dyneema®-Faser ist unter anderem als HMPE (hochmodulares Polyethylen) bekannt. Die chemisch korrekte Bezeichnung lautet UHMWPE (ultra-hochmolekulares Polyethylen). Das besondere Merkmal dieser „Superfaser“ ist ihre außergewöhnlich hohe Zugfestigkeit im Verhältnis zum Gewicht und Durchmesser. Das Geheimnis hinter der unverwechselbar hohen Leistung von Dyneema®-Fasern sind die extrem langen Moleküle in Faserrichtung.
Gut zu wissen:
Dyneema-Fasern werden durch Gelspinnen hergestellt. Es ist eine spezielle Technik des Lösungsspinnen und eine Kombination aus Trocken- und Nassspinnverfahren. In diesem aufwendigen Produktionsverfahren erhält die Dyneema-Faser unter anderem ihre außergewöhnlich hohe Festigkeit.
DX Cup
Dyneema SK78 mit farbigem Kern
Soft Schäkel
Leichter Schäkel aus Stirotex
DX Core 78
Dyneema Hohlgeflecht auf Bio-Basis
Dyneema Loop
Schlaufen z.B. für Blöcke
DX Cup Pro 99
Fallentauwerk mit Dyneema SK99
Dyneema Seereling
Leichter Seezaun aus Dyneema
Vor- und Nachteile von Dyneema-Tauwerk:
Vorteile
Hohe Zugfestigkeit (Stärker als Stahl!)
Extrem dehnungsarm
Hohe Abriebbeständigkeit
Besonders UV-beständig
Gewicht einsparen im Rigg
Sehr empfänglich für Trimmveränderungen
Lange Lebensdauer und Wechselintervalle sparen Zeit und Geld
Hydrophob (Keine Wasseraufnahme)
Schwimmfähig (Dichte 0.97)
Einfach zu Spleißen
Sehr viele Einsatzbereiche an Bord
Sehr lehnig/ geschmeidig
Nachteile
Teurer als Polyesterfaser
Spezialschere für HMPE-Fasern nötig
Niedriger Schmelzpunkt, nicht beständig gegen Reibungshitze z.B. auf Winschen
Ohne Mantel: Schlechter Halt in Klemmen, Stoppern und Händen
Kriecht bei statischer Dauerbelastung (vergessen Rigg zu entspannen, Hängevorrichtungen, Architektur, Theater- und Bühnenbau, etc.)
Knoten halten schlecht
Warum Dyneema-Leinen zum Segeln verwenden?
Dyneema®-Tauwerk ist im Hochleistungs-Segelsport und Hochseesegeln ist seit Jahrzehnten nicht mehr wegzudenken. Überzeugend ist hier vor allem die hohe Festigkeit und das geringe Gewicht der Leinen. Die Dyneema®-Hochleistungsleinen aus UHMWPE sind ausgesprochen empfänglich für kleinste Trimmveränderungen und bilden für die Segler das Sprachrohr zu den Segeln, Rigg und Boot.
Die Geschichte der Dyneema®-Faser
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Die Geschichte der Dyneema®-Faser begann 1968, als Dr. Albert Pennings, ein Chemiker bei der Firma DSM, aus Versehen eine Faser entwickelte, die er nicht mehr zerreißen konnte. Dieser zufällige Durchbruch legte den Grundstein für jahrelange Forschung und Innovation. In den 1970er Jahren setzte Dr. Pennings seine Arbeiten fort, um die Eigenschaften dieses außergewöhnlichen Materials weiter zu untersuchen.
1979 gelang es DSM, ein Gelspinnverfahren zu patentieren, mit dem die stärkste Faser der Welt hergestellt werden konnte. In den 1980er Jahren folgte der nächste Meilenstein: DSM gab der Faser den Namen Dyneema® und brachte die erste Generation der Fasern – SK60 und SK65 – auf den Markt.
In den 1990er Jahren verbesserte DSM das Produktionsverfahren weiter, was zur Entwicklung der zweiten Generation von Dyneema®-Fasern führte, darunter SK75, SK76 und SK78. Ein besonderer Erfolg war der Sieg der Segelyacht America³, die 1992 mit Laminatsegeln aus Dyneema®-Fasern den America’s Cup gewann. Diese Anwendung zeigte eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit des Materials.
In den 2000er Jahren wurde die Dyneema-Sorte SK90 eingeführt, und in den 2010er Jahren folgte mit SK99 die Entwicklung einer Faser mit der höchstmöglichen Bruchlast. 2022 erwarb Avient die Markenrechte an Dyneema® und setzte somit einen weiteren Schritt in der Geschichte dieses außergewöhnlichen Materials.
Dyneema® SK78 & SK99 – Bedeutung und Unterschiede
Es gibt verschiedene Sorten der Dyneema®-Faser, wobei jede Dyneema®-Art ihre eigene Zahl in Kombination mit den Buchstaben „SK“ hat. SK steht für die beiden Entwickler von DSM namens Paul Smith & Rob Kirschbaum. Im Segelsport sind die Faserarten Dyneema® SK78 & SK99 am meisten verbreitet.
SK78
SK78 hat eine hohe Reißfestigkeit von 35 cN/dtex, ist sehr leicht und dehnungsarm und daher die am meisten benutzte Dyneema®-Faser im Wassersport. Darüber hinaus hat SK78-Dyneema® eine hohe Beständigkeit gegen Ermüdung, Kriechen, Abrieb und Temperaturschwankungen.
SK99
SK99 hat mit 42,5 cN/dtex die höchste Reißfestigkeit der SK-Serie von Dyneema®. Damit gilt SK99 als Top-Performance-Faser, weil sie das bestmögliche Verhältnis zwischen Bruchlast und Gewicht, sowie Durchmesser und Bruchlast aufweist. An Bord gibt es keine direktere und leichtere Lösung vom Wind erzeugte Zugbelastungen in das Boot zu leiten. Segeltauwerk auf Dyneema®-SK99 Basis ist somit Deine direkte Verbindung zum Wind.
Werkstoffeigenschaften von Dyneema-Fasern
Resistenzen gegen Umwelteinflüsse
- UV-Beständigkeit: hoch
- Seewasserbeständigkeit: hoch
- Scheuerbeständigkeit: hoch
- Haptik: lehnig, gleitfähig
- Beständigkeit gegen Reibungshitze: niedrig (ungeeignet für Winschen)
- Beständig gegen Benzin, Laugen, Diesel, Öl und Schmierfette
- Elektrische Isolierfähigkeit: hoch
- Festigkeit identisch im nassen und trockenen Zustand
- Bei 30°C waschbar
Technische Eigenschaften
- Werkstoffart: HMPE bzw. UHMWPE
- Hersteller: Avient (ehemals DSM)
- Bruchdehnung: 3,5%
- Dichte: 0,97 g/cm³
- Wasseraufnahme: Keine (hydrophob)
- Schwimmfähig
- Festigkeitsverlust bei Knoten: 50-65%
- Schmelzpunkt: 145°C
- Erweichungstemperatur: ca. 120°C
Quelle: Praxishandbuch Spleißen,J.-W. Polman